Kirchengeschichte: Die Kapellen der fürstlichen Residenz im Schloß zu Güstrow






Die Kapellen der fürstlichen Residenz im Schloß zu Güstrow

 

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Abb.1 Schloßansichten 1840 und 2016

Ursprünglich hatte es an der Stelle des heutigen Renaissanceschloßes schon eine slawische Burganlage gegeben. Sie wurde am 9. August 1307 erstmals als Burg der Fürsten von Werle urkundlich erwähnt: " Gustrowe hus vnde stat " (1).
1436 starb diese Linie aus und das Land wurde Bestandteil des Herzogtums Schwerin. Güstrow wurde damit neben Schwerin Wohnsitz der Herzöge von Mecklenburg.

Im Jahr 1483 läßt Herzog Albrecht VI. zu Mecklenburg "mit Genehmigung seiner Brüder Magnus und Balthasar zum Seelenheil aller Angehörigen und des ganzen Geschlechts" auf der Burg eine neue Kapelle mit 3 Altären - ausgestattet "mit 75 M lüb. von der Orbör zu Teterow", die er nebst der dortigen Vogtei von den "Leesten unde den Smekeren" eingelöst hatte, errichten und trifft Bestimmungen über den Gottesdienst in dieser Kapelle (2). 1489 gewährt Symon, Bischof von Reval und päpstlicher Legat einen Ablaß zu Gunsten dieser Kapelle (3).


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Abb. 2 Ansichten nach Merian 1653 (mit der offenen Südlücke)

Auch Herzog Heinrich V. lässt 1508 das Schloss ausbauen und stiftet am 4. Februar 1510 in der Burgkapelle zu Güstrow die "7 großen Zeiten" mit 17 Gulden und 16 Schilling jährlicher Hebung aus dem Amte Güstrow (4).
Die alte Burgkapelle befand sich im Nordflügel des Schlosses, wurde dann immer wieder umgebaut, 1516-1520 neu errichtet (5) und aufgrund der Instabilität der nördlichen Mauer des östlichen Nordflügels (durch den wachsenden Druck des Kapellengewölbes) 1795 zusammen mit dem Ostflügel mit abgerissen (6).

Im Jahr 1556 wurde die mittelalterliche Burganlage dann auch die Residenz des jungen Herzogs Ulrich III. (succ. seit 1555; * 05.03.1527 - † 14.03.1603). Im Sommer 1557 brannte der Südflügel der Burg vollständig ab und der westliche wird beschädigt. So ließ der Herzog beide Flügel von Franz Parr 1558-1566 durch einen Neubau ersetzen (7). Als dann am 3. Dezember 1586 - gegen 4.00 Uhr morgens - der östliche Flügel beschädigt und der gesamte Nordflügel durch einen Brand vernichtet wurde, war von der alten Anlage der Burg nichts mehr übrig.





Im zweiten Bauabschnitt von 1587-1599 wurde unter dem Baumeister Philipp Brandin († 1594 in Nyköping) - seit 1578 in Güstrow als herzoglicher Hofbaumeister - der Nordflügel und von seinem Gesellen Claus Midow bis 1594 der Ostflügel nach Brandins Plänen errichtet.

" Das Güstrower Schloß ist eine Vierflügelanlage um einen rechteckigen Hof, an der nur die Südost-Ecke durch den nicht vollendeten Süd-Flügel frei blieb. ... Das Äußere wird von der energisch entwickelten Höhenausdehnung bestimmt. An den Außenfronten sind 5 und an den Hoffronten 3 Geschosse sichtbar. Den oberen Abschluß bildet ein steiles Dach mit zahlreichen hohen Kaminen, die in ihrer vielfältigen, seltsamen Formgebung an französische Schloßbauten erinnern. ... Besonders reich belebt ist die West-Fassade durch pavillonartige Ecktürme, kräftigem Eingangsrisalit mit turmartigem Aufbau in der Dachzone und flankierenden Türmchen. Ein zweiter Risalit mit aufwendig verziertem Giebel befindet sich neben dem südlichen Eckpavillon. An der Hoffront des Süd-Flügels wurde eine reizvolle 3-geschossige Arkadenhalle von 4 Achsen errichtet. Die Laufgänge der Arkaden im Osten münden in den mächtigen Treppenturm. Der Nord-Flügel zeigt niederländischen Einfluß und erscheint künstlerisch schwächer. ..." (8).
Soweit der Kunsthistoriker Georg Gottfried Julius Dehio [* 22.11.1850, Reval - † 19.03.1932, Tübingen] über das Äußere des Güstrower Schloßes.
Eine ältere Beschreibung über das Güstrower Schloß verfasste der Theologiestudent Michael Franck aus Frankfurt/ Oder im Jahre 1580 (9).

Albrecht Wallenstein plante 1629 die Anbindung des Parrschen Südflügels an den Ostflügel des Schlosses um so eine geschlossene Formation des Gebäudes herzustellen. Dazu rief er berühmte Baumeister und Architekten nach Güstrow. Neben Floriani und Borri wirkte auch Giovanni Pironi am Güstrower Hof.
Innerhalb des Schloßgebäudes nahmen Handwerker viele Umbauten und Reparaturen an Gewölben, Decken, Böden, Türen und Fenstern vor, worüber der Bauschreiber Paul Seger berichtete. Auch in der Gartenanlage veränderte sich manches, wurde eine neue Wasserkunst und ein Springbrunnen errichtet ... schickte er seinen Gärtner Lacher nach Italien, um dort Samen und Pflanzen aus den Gärten des Kardinal Borgese zu holen.
Neben dem Ausbau von Schloß und Garten beauftragte Wallenstein seine Baumeister auch mit dem Neu- und Ausbau verschiedener anderer Gebäude in der Stadt, so z.B. dem Klosterhof oder dem Kanzleigebäude. "Zweihundertfünfzig Handwerker und fünfzig Bauern arbeiteten ständig auf den verschiedenen Baustellen." (10).

Die Lehre Luthers war bis zur Belehnung Wallensteins die allein herrschende in Meklenburg; nur der Herzog Johann Albrecht II. von Güstrow war mit seiner Familie zum größten Verdruß der Stände 1617 zum Kalvinismus übergetreten und hatte angefangen, von den Steinen niedergelegter katholischer Kapellen in Güstrow [der Abriss wurde von ihm veranlasst] sich ein Gebetshaus zu erbauen, dessen Vollendung aber durch die Ereignisse von 1628 verhindert wurde.
Wallenstein ließ "die noch nicht ganz vollendete reformirte Kirche vor dem Schlosse abbrechen und die Steine zur Erbauung eines Schloßflügels an einer offenen Stelle des Vierecks verwenden" (11).


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Abb. 3 Ansichten des Nordflügels 1735 (Hofseite mit Kapelle) und der abgebrochenen Flügel von 1795 (nachcoloriert)

Eine merkwürdige Stellung nahm der katholische kaiserliche Feldherr Albrecht Wallenstein auch dem lutherischen Meklenburg gegenüber ein. Man sollte annehmen, dass er wenigstens den Versuch dazu gemacht habe die katholische Konfession im Land wieder einzuführen. Aber schon im April 1628 sagte er, dass er ihre Religion nicht antasten und niemanden zu einer anderen Religion zwingen werde. In seiner Armee seien mehr Evangelische als Katholiken, und der Lutheraner Arnim sei ihm ebenso lieb wie der katholische St. Julien (12).

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Abb. 4 Schloßansichten

Im 18. Jahrhundert erfolgte dann der langsame Verfall des Schlosses. 1783 erfolgte boch einmal die Instandsetzung der verfallenen Schloßbrücke, bevor 1795/96 der Abtrag des Ostflügels und eines Teils des Nordflügels bis auf den heutigen Rest erfolgte.




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Quellen- und Literaturverzeichnis

Literaturverzeichnis


 - LHAS = Landeshauptarchiv Schwerin; (auch MLHA o. LHA), eines der beiden Endarchive der staatlichen Verwaltung von Mecklenburg - Vorpommern
 - Acta civitatum specialia Güstrow, (LHAS) Landeshauptarchiv Schwerin. 2.12.-4/3
 - MJB(Jbb) = Jahrbücher des Vereins für Mecklenburgische Geschichte und Altertumskunde Bd. 1-104, 1835 - 1940
 - MUB = Mecklenburger Urkundenbücher Bd. I-XXV, , herausg. vom Verein für mecklenburgische Geschichte und Altertumskunde 1863 ff
 - NLA HA = Niedersächsisches Landesarchiv, Hauptstaatsarchiv Hannover, Kartensammlung Stadt Güstrow: Nr. 72 M (Alte Archivsignatur: II B)
 - Regesten (Auszüge) = Sammlung von zumeist unveröffentlichten Urkunden aus dem LHAS oder dem StA; S.A.Reg. = Regesten Schweriner Archiv
 - StA = Stadtarchiv Güstrow: diverse Urkunden, Register, Gerichts-, Rats-, Protokoll-, Kämmerei-, Schoss- und Bruchbücher etc. der Stadt

 - Das Schloß Güstrow. Ein Beitrag zur Kultur- und Landesgeschichte Mecklenburgs. Hrsg. Rat des Bezirkes Schwerin, SVZ Betriebsteil Ludwigslust 1972
 - Dehio, Georg. Handbuch der deutschen Kunstdenkmäler, Band II Nordostdeutschland, S. 167-168, Ernst Wasmuth AG Berlin, 1906
 - Gernentz, Wilhelm. Studien zur Baugeschichte des Güstrower Schlosses, Kreisheimatmuseum, Güstrow 1963
 - Hering, Richard. handschriftliche Manusskripte mit Beiträgen zur Stadtgeschichte von Güstrow. Bd. 1, S.40, StA
 - Lesenberg, Wilhelm. Das Schloss zu Güstrow, Dissertation, Buchdruckerei Sengenbusch, 1911
 - Lisch, Georg Christian Friedrich. Geschichte der fürstlichen Residenz-Schlösser zu Wismar, Schwerin und Gadebusch. MJB, Bd. 5, 1840, S.23
 - Lisch, Georg Christian Friedrich. Ueber des Herzogs Ulrich von Meklenburg-Güstrow Bestrebungen für Kunst und Wissenschaft. MJB Bd. 35 (1870), S.19
 - Schlie, Friedrich. Die Kunst und Geschichts-Denkmäler des Grossherzogthums Mecklenburg-Schwerin. Bd. IV., Schwerin 1901
 - Schröter, Hans Rudolph von. Rostockische Chronik. Rostock 1826
 - Sobotka, Bruno. J. / Strauss, Jürgen. Burgen, Schlösser, Gutshäuser in Mecklenburg-Vorpommern, Theiss-Verlag 1993
 - StA, Bauakten des Güstrower Schloßes von 1558 bis 1565; z.B. Bauakte von Herzog Ulrich: "Actum Güstrow den 9. Februarii Anno 1558"
 - StA, Bruchbuch 1561 bis 1597



 





Quellenverzeichnis

1    MUB 3178, Sternberg vom 09.08.1307: Nicolaus, Fürst von Werle, verbindet sich in Veranlassung der Gefangennehmung des Grafen Nicolas von Schwerin mit dem Grafen Gunzelin von Schwerin auf Lebenszeit. "... Gustrowe hus vnde stat ..."; gedruckt bei Lisch, Hahn.Urk. II, B, S.11

2    StA, Stiftsurkunden Güstrower Schloßkapelle; vgl. auch MJB 75, S. 29

3    LHAS, S.A.Reg. vom 28.2.1489: 1489 gewährt Symon, Bischof von Reval und päpstlicher Legat de latere einen Ablaß zu Gunsten der Schlosskapelle
  - Simon von der Borch (* im 15. Jahrhundert - † 22. Oktober 1492), Domherr in Hildesheim, war von 1477 bis 1492 Bischof von Reval (heute Tallinn); verwandt mit mit Berndt von der Borch, Livländischer Ordensmeister des Deutschen Ordens
  - vgl. a. MJB, Bd. 12., S.17: Güstrow am 6. März 1489: Bischof Simon von Reval als päpstlicher Legat und auf Bitte der Herzö,ge Magnus und Balthasar von Mecklenburg in Güstrow
  - vgl. zu Simon v.d.Borch a.: Napiersky, Carl Eduard. Index corporis historico-diplomatici Livoniae, Esthoniae, Curoniae; oder: Kurzer Auszug aus derjenigen Urkunden-Sammlung welche für die Geschichte und das alte Staatsrecht Liv-Ehst- und Kurland's aus dem geheimen ehemaligen Deutsch-Ordens-Archive zu Königsberg zusammengebracht worden ist ...mit einigen Stücken aus inländischen Archiven vermehrt. Band 2, Österreichische Nationalbibliothek, Frantz, 1835

4    MJB 75, S.29; Güstrow vom 04.02.1510: "Die Herzöge gründen an ihrer Schloßkapelle in Güstrow die 7 großen Zeiten mit 17 fl 16 ßl jährlicher Hebung aus dem Amte Güstrow."

5    Lisch. Georg Christian Friedrich. Meklenburg in Bildern 1843. Bd. 2, J.G. Tiedemann'sche Hof-Steindruckerei, Schwerin, 1843, S.29; vgl. a. Lesenberg, Wilhelm. Das Schloss zu Güstrow. Dissertation, Schwerin 1911

6    Das Schloß Güstrow. Ein Beitrag zur Kultur- und Landesgeschichte Mecklenburgs. Hrsg. Rat des Bezirkes Schwerin, SVZ Betriebsteil Ludwigslust 1972: Koch, Ira. Der Verfall und teilweise Abriß des Güstrower Schlosses Endes des 18. Jahrhunderts und seine Nutzung bis zur Einrichtung des Landesarbeitshauses, S.43: "... Einem noch größeren Verfall war jedoch der Ostflügel und der östliche Teil des Nordflügels ausgesetzt. Die nördliche Mauer des östlichen Nordflügels begann unter dem Druck der Kapellengewölbe zu bersten ..."
  - S.44: aus dem Gutachten des Schweriner Baukonstrukteurs von Seydewitz vom 19.03.1792 "... Der halbe Norder-Flügel, in welcher die Kirche befindlich ist, hat an der äußeren Seite verschiedene böse Risse und ist daselbst das Mauerwerk in die 40 Fuß lang schlecht und ausgewichen ... Als dann 1795 mit dem Ausräumen der Schloßkapelle begonnen wurde, mit dem Abbruch war der Güstrower Maurermeister Schmitt sowie der Zimmermeister Lufft beauftragt, ..."
  - vgl. a. StA, Kämmereiregister 1647-1918, Unterlagen zum Schloss von Güstrow vom 22.08.1791: "Schreiben der Stadt an den Herzog, da er beabsichtige, den oberen Teil des Schlosses abnehmen zu lassen, und mit dem erlösten Geld die unteren Etagen auszubauen. Die Stadt protestiert gegen diese Absicht."

  - vgl. a. StA, Kämmereiregister 1647-1918, Unterlagen zum Schloss von Güstrow vom 31.08.1795: "Der Bürger-Ausschuß hat in Erfahrung gebracht, daß der östl. Flügel des Schloßes mit einem Theil des nord- und südl. Flügels abgenommen werden soll.
Der vorgedachte östliche Flügel mit welchem der Uhr-Thurm verbunden ist, und welcher der Stadt die mehreste Zierde gibt, ..."


  - vgl. dazu a. den Schriftverkehr der Stadt mit dem Herzog vom 11.09.1795: "Pro Memoria!
Auf Erfordern und im Auftrage eines hiesigen Ehrliebenden Bürger Ausschusses haben wir den östlichen Flügel des Schloßes in und auswendig genau besehen und untersuchet, besonders aber unser Augenmerk auf die innen Versackung als den Hauptfehler dieses Flügels, gerichtet, dieser ist schon gleich bey Anlegung des gedachten Flügels als durch eine nicht sicher genug gemachte Unterstützung in Sutoreng, und die darauf gelegten übermäßigen Last eines Schornsteines, vor vielen Jahren entstanden, und dieses beweiset die Auffütterung auf den Balcken unter den derzeit gemachten Fußböden daselbst, dies aber befördert im mindesten keinen Ruin des mehr gedachten Flügels, so bald nur eine sichere Unterstützung angebracht und die Last des gedachten Schornsteins etwas erleichtert wird."


  - vgl. a. Schreiben des Herzogs Friedrich Franz an die Stadt vom 04.09.1795: "Wir mögen zwar nicht einsehen, wie eine von uns beschlossene Veränderung mit einem, nicht zu Stadt Recht liegenden, sondern zu unseren privativen Domanio gehörenden Herrschaftlichen Schloßgebäude, zu unruhigen Bewegungen, oder gar zu einem Ausbruch des Misvergnügens unter der Güstrower Bürgerschaft Anlaß geben und Euch in dem Fall setzen können, solche Unsere Entschließung zu einem Gegenstande obrigkeitlicher Kenntnisnehmung und rathhäuslicher Deliberationen zu machen.
Wir sind auch keineswegs gemeint, von solchen, zu unserer beliebigen Willkühr stehenden Verfahren Euch einige Cognition zu gestatten, oder uns die mindeste verantwortlichkeit aufzubürden.
Inzwischen, haben Wir uns eure, bey uns unmittelbar eingereichte, wiederholte Vorstellung, wegen der Abrechnung Unseres dortigen Schloßes, geziemend vortragen laßen und wollen allenfalls den vorliegenden Schritt mit der gerühmten wie wohl einseitigen, guten Absicht Landesväterlich für diesmal gerne entschuldigen. In dieser Voraussetzung laßen Wir Uns zu der jetz intendirten Veränderung Unseres dortigen Schloßes, nicht würden entschloßen haben, wenn deßen dauerhafte Herstellung in seiner alten Bau-Art nach den von Sachverständigen formierten Berechnungen nicht ganz außerordentliche Kosten verknüpft seyn würde.
Wir laßen es daher bey der bereits angefangenen Niederbrechung und anderweitigen Einrichtung des besagten Schloßes bewenden. ..."


7    1558-1564, Erster Bauabschnitt am Renaissanceschloss. Baumeister sind Franz Parr und sein Brüder (Aufbau des Süd- und Westflügels)
  - Güstrow vom 09.02.1558: Contract des Herzogs Ulrich von Mecklenburg mit dem Baumeister Franz Parr über die Auferbauung des abgebrannten Schlosses zu Güstrow.
"Kunt und wissentlich sey, dass der Durchlauchtiger Hochgeborner Fürst und Her, Her Ulrich Hertzogk zu Mecklenburgk, Fürst zu Wenden etc. unser gnediger Fürst unnd Her auff heute dato mit dem Bouwmeisternn Frantzen Parren wegen wieder erbauwung S.f.g. abgebrandtenn Hauses zu Güstrouv dermassen übereinkommen unnd vortragen, das S,f,g. will gemeltem Frantzenn Parren inn erbauwung desselben Hauses zu Güstrouv, so viell die schlichte mheut betrifft, jedere drei gewonnliche Güstrowische ellen lang unnd breit unnd ein Stein dicke zu meuren alwege sechs lubesche schilling, unnd dartzu alle wochen zwei scheffel rogkenn unnd anderthalben scheffel gersten gebenn unnd entrichtenn, auch ihnen denselben meister auffm Hause alle tage zu geburender maltzeit mit notturftigem mahll unnd seinen kleffern mit futter versorgenn, ime auch zur furderung seiner Arbeit teglich sechs hanndreicher haltenn, unnd alle notturft, so er zum gebeuw ahnn stein, kalch oder sonsten bedarfft, zur Hanndt schaffenn, jedoch vonn den alten steinenn denn kalch durch S.f.g. leute abschlagen unnd reinigen unnd die grunden nach aller notturfft bereumen lassenn, Darjegenn sich gemelter Meister Frantz Par verpflichtet unnd versprochen, solchenn gebeuw unnd arbeith nach seinen hochstenn unnd eusserstenn vermugenn unnd bestem verstande obtzusein unnd dasselbig vleissig unnd getreulich zu furdern, wie er solchs bei jedermenniglich zur pilligkeit soll unnd will verantwurtenn, auch seine meurergesellen unnd handreicher von dem seinen mit kost unnd besoldung die Zeit uber zu sorgenn unnd zu unterhalten, was aber die gewelbe unnd andere kunstliche arbeidt so zu diesem fürstlichen gebeuw gethan werden, belangt, welchen S.f.g. sich mit gemeltem Baumeister alsdann, wann die angefangen unnd ins wergk gestellet werdenn, auch mit ime gnediglichen vorgleichenn unnd vertragenn. Zu Urkund sein dieser schriffte zwei gleiche lauts mit S.f.g. unnd vielgemelte Frantzen Parren aufgedruekten pitschiern versiegelt, derer einer bei S.f.g., die ander bei demselben Frantz Parren in verwarung.
Actum Güstrow Midtwochenn den 9. Februarii Anno 1558."
  - Über den Schloßbau berichtet auch die Rostockische Chronik von Dr. H.R. Schröter: " 1559. In dissen yar vngeverlih wordt dat kloster Marin E dale gebraken vnd de stene na Gustrow gevort dat slot dar myt tho buwen. vnd don Docter bowke syne huse buwen wold yn der breden strat, dar let he ok vast 40 voder halen van den stükk stenen van marine. " [Schröter, Hans Rudolph von. Rostockische Chronik. Rostock 1826; vgl. dazu a. Lisch, Georg Christian Friedrich. [VIII.] Ueber die rostocker Chroniken des 16. Jahrhunderts. MJB Bd. 8 (1843), S.183-197]
  - Franz Parr beschäftigte außerdem noch seine Brüder Jacob [Maurermeister], Dominikus, Johann Baptist [später Hofbaumeister des Hzg. Johann Albrecht am Schweriner Schloss] und Christoph [Steinmetz und Stukateur, vgl. Lisch, Georg Christian Friedrich. Geschichte der fürstlichen Residenz-Schlösser zu Wismar, Schwerin und Gadebusch. MJB, Bd. 5, 1840, S.25: "Von 1558 - 1561 arbeitete er [Christoph Parr] auch als "Steinmetz" unter seinem "Bruder Franz" an dem neuen Schloßbau zu Güstrow ..."], als auch seine Gesellen Jacob Barah, Jacob Werengold und Merten Rossmann sowie den aus Italien stammenden Steinmetzmeister Zcoan Stralle [gen. Hans Strol, vgl. Lisch, Georg Christian Friedrich. Geschichte der fürstlichen Residenz-Schlösser zu Wismar, Schwerin und Gadebusch. MJB, Bd. 5, 1840, S.25: "... in den Jahren 1562 - 1564 wirkte ein anderer "Steinmetz, Hans Strale", am Schloßbau zu Güstrow. Auch er ging ungefähr im Jahre 1572 aus des Herzogs Diensten, indem ihn im November 1573 dieser "seinen gewesenen Baumeister" nennt. ..."] auf eigene Rechnung am Bau des Schlosses mit. vgl. dazu auch den Brief Franz Parr`s an den Meckl. Landrentmeister Gabriel Bruckmann [Rechnungen an den Hzg., LHAS] in den Bauakten des Güstrower Schlosses, StA
  - vgl. a. Besser, Johann Friedrich. Geschichte der Vorderstadt Güstrow. Bd. 3, Güstrow 1823, S.398:
"... An dem nördlichen Flügel steht geschrieben: ... Im Jahr 1594 ist der östliche jtzt abgebrochene Theil des Schlosses erbaut und mit des Herzogs und seiner Gemahlin Anna Wapen gezierte und mit Unterschrift Namen und Jahrzahl versehen worden. ..."
  - vgl. a. Weingart, Ralf. Der Neubau des Güstrower Schlosses durch Franz Parr. S.34-36; in: Bischoff, Michael / Ibbeken, Hillert. Renaissance in Mecklenburg. BWV Verlag, 2011

8    Dehio, Georg Gottfried Julius. Das Schloß in Güstrow; in: Handbuch der Deutschen Kunstdenkmäler - Mecklenburg, 1990

9    "... Es hat auch der Fürst in diesem Städtlein ein fürstliches Schloß, und Hoffhaltung allda geführet, nicht sonderlichen starck, ist kurtz vor verlauffener Zeit sehr in Bau gebeßert, also daß ein Fürst sich nicht hat scheuen dürffen, darinne zu wohnen; hat einen weiten Platz darinnen umbfangen, welches viereckig denselben wie ein Quadrat umbschloßen; neben der Schloßbrücken zur rechten Hand, als man aufs Schloß gehen, ist ein schöner fürstlicher Lustgarten zugerichtet gewesen, darinnen man von der Brücken hineinsehen können. Derselbige Garten ist mit luftigen Spaziergängen von schönen Leuben, so mit schönen grünen Laubern überzogen, Lusthäusern, Waßerbrünnlein, verborgenen Waßerquellen, wohlriechenden Kräutern, so die Bette neue weiße mit Buchstaben und Schilden gepflanzet, ausländischen Früchten und Blumen geschmücket, und also recht fürstlichen zugerichtet, daß man in Sommerzeiten fein im Schatten spazieren gehen und verlustigen können, daß es mit Lust anzusehen gewesen, wie es in solchen Garten fürstlichen pflegt versehen zu seyn. ...". aus:. Gottfried von Bülow. Wanderung eines fahrenden Schülers durch Pommern und Meklenburg 1590. in: Baltische Studien. Bd. 30, Stettin 1880, S.90-91 [nach einer Handschrift aus der Ratsbibliothek von Zittau: Mscr. bibl. senat. Zitt. 31; vom Verfasser selbst als "Michaelis Franci, verbi div. minist. in Berthsdorff vita et itinera quatuor per varias Europae regiones et provincias instituta." bezeichnet].
  - Der aus einer Frankfurter Bürgerfamilie enstammende Student [seit 1584] der Theologie Michael Franck aus Frankfurt/Oder (* 30.01.1569 in Tzschetzschnow, einem Dorf südwestlich von Frankfurt/O.; sein Vater war dort Pfarrer) bereiste nach Ausbruch der Pest im Juli 1585 in der Stadt in den Jahren 1585-1592 die Lande. Seine 4 Reisen "bey welchen Völkern ich gewesen und wie derselbigen Sitten, Leben und Wandel sei," nach Östereich [Wien], Dänemark [mit Mecklenburg und Pommern; über Küstrin, Königsberg, Garz, Stettin, Ueckermunde, Anclam, Greifswald, Stralsund, Barth, Damgarten, Ribnitz nach Rostock und Güstrow; die Rückreise über Lübeck, Hamburg, Lüneburg, Braunschweig, Magdeburg, vgl. a. Magdeburger Geschichten Bl. 13, 1878, S,357ff], den deutschen Universitäten Wittenberg, Leipzig, Jena und seine letzte Reise nach Italien, dokumentierte er anschließend ausführlich [vgl. dazu Knothe. Vortrag im Neuen Lausitzer Magazin, Bd. 44, 1868, Görlitz, S.187ff].

10    Koch, Ira. Das Schloß als Residenz Wallensteins in Mecklenburg von 1628 bis 1630: in: Das Schloß Güstrow. Ein Beitrag zur Kultur- und Landesgeschichte Mecklenburgs. Hrsg. Rat des Bezirkes Schwerin, SVZ Betriebsteil Ludwigslust 1972, S.31

11    Lisch, G.C.F. Wallensteins Kirchen- und Schul-Regierung in Meklenburg. MJB Bd. 37, S.4-5
Diesen Schloßflügel ließ der Mecklenburgische Herzog Gustav Adolf nach seiner Rückkehr ins Land wieder abbrechen, damit kein Andenken von dem "Tyrannen" übrig blieb. "Am Schlosse zu Güstrow ist kein Wallensteinscher Bau mehr Vorhanden, wahrscheinlich auch im ganzen Lande kein solcher." Hier irrten sowohl Grotefend [Grotefend, Otto. Meklenburg unter Wallenstein und die Wiedereroberung des Landes durch die Herzöge. MJB Bd. 66 (1901), S.258-259] als auch Lisch, denn der Bau des Südflügel des Schlosses - der hier gemeint ist - wurde unter Wallenstein nicht vollendet, sondern lediglich nur 4 Fundamente bis zum Jahr 1630 fertiggestellt.

12    MJB, Bd. 51, S.327; Zwar versprach er mehrfach [z.B. im Brief an St. Julien vom [19.] 29. Oktober 1627 [MJB, Bd.40, S.93] dem Orden der Jesuiten im Land durch Gründung von Kollegien und Stiften Ausbreitung und Macht zu verschaffen, überhaupt die katholische Konfession in Mecklenburg wieder einzuführen. Aber bis auf die Gründung der jesuitischen Ritterakademie zu Gitschin und einer ebensolchen Akademie in Güstrow geschah nicht viel mehr dazu, wenn er auch wohl die Absicht dazu hegte [MJB, Bd.37, S.11 f.].; vgl. d.a. Grotefend, Otto. Meklenburg unter Wallenstein und die Wiedereroberung des Landes durch die Herzöge. in: MJB, Bd. 66 (1901), S.227-283
  - Wallenstein, Albrecht Wenzel Eusebius [von Waldstein], * [04.] 14. September 1583 in Prag - † ermordet am [15.] 25. Februar 1634 in Eger [Die hier doppelt angegebenen Zeitangaben beruhen auf der zu dieser Zeit erfolgten Zeitumstellung vom julianischen zum gregorianischen Kalendersystem.] Der spanische Botschafter schrieb anläßlich der Ernennung Wallensteins zum Herzog von Mecklenburg: " Der Herzog ist so mächtig, dass man ihm fast dankbar sein muß, wenn er sich mit einem Land wie Mecklenburg begnügt. " Außerdem erhielt Wallenstein den etwas futuristischen Titel General des Ozeanischen und Baltischen Meere".
  - Wallenstein kam mit sehr großem Gefolge von Stralsund über Tribsees und Gnoien am 17. / 29. Juli 1628 nach Güstrow und blieb hier ein Jahr lang. Sein Heer hatte ebd. eine Stärke von 130.000 Mann erreicht.
Seinem neuen Titel gemäß musste Wallenstein nun auch Rechnung tragen und mit einer aufwändigen Hofhaltung seiner Residenz Güstrow zu repräsentativen Glanz verhelfen. Cosmus von Simmern hat eine Beschreibung der Hofhaltung Wallensteins hinterlassen: " ... ist eine solche hofhaltung, derogleychen bey itzigen auch vorigen römischen Kayser nicht gesehen, vorhanden. Die 70 graffen (Grafen), freyherren und von adell, über aller maßen stattlich gekleidet, ... item 100 Leibschützen und 24 trabanten, seine Küche, küchenmeister, stallmeister, und futterschneider gehen alle in güldenen ketten und werden täglich zwey freye fürstliche Tafeln gehalten, dazu dan alle tage 24 scheffel auf brot und semmel muß geschaffet werden. ... werden gehalten 170 Hauptpferde, 140 klepper, 160 gutschenpferde, wie auch 50 maulesel. ", Original im Besitz des Freiherrn Julius von Bohlen auf Bohlendorf; Abschrift im LHAS






Abbildungen

Abb. 1  Schloßansichten
Bild links: Ansicht um 1840, aus: Güstrower Schloss, Stahlstich um 1840 von Kurz, Michael und Poppel, Johann (nach Julius Gottheil. Mecklenburgisches Album. B.S. Berendsohn, Hamburg 1856)
  - Julius Gottheil (* 1810, Lissa / Posen - † 1868, Königsberg) war ein deutscher Zeichner und Maler mit eigener Lithographenanstalt ab 1840 in Danzig. Nachdem er 1850 nach Hamburg gezogen war, brachte er auch diverse Werke mit Landschafts- und Stadtansichten aus Norddeutschland heraus, u.a. 1856 sein "Mecklenburgisches Album".
  - Georg Michael Kurz (* 1815, Hersbruck - † 1883, München) war ein deutscher Kupfer- und Stahlstecher und Geschäftspartner von Johann (Gabriel Friedrich) Poppel (* 1807, Hammer bei Nürnberg - † 1882, Ammerland am Starnberger See), Landschaftsmaler und Kupfer- und Stahlstecher.
Bild rechts: Ansicht 2016 (Foto: MM)

Abb. 2  Ansichten nach Merian (mit der offenen Südlücke)
Bild links: aus der Ansicht der Fürstlich Mecklenburgischen Residenzstadt Güstrow von Caspar Merian. vor 1653, aus: Matthäus Merian (Herausgeber und Illustrator), Topographia Saxoniae Inferioris. Merian, Frankfurt am Main 1653, S.108;
Bild rechts: Ausschnitt aus dem Grundriss der Fürstlich Mecklenburgischen Residenzstadt Güsterow"; Kupferstich aus der "Topographia Saxoniae Inferioris", Frankfurt, Matth. Merians Erben, 1653
  - Die Vorlagezeichnung für diesen Kupferstich lieferte der Karthograph Carl Heinrich von der Osten [Carl Henric de (á) Osten (Delin), † 1691], dessen isometrischen Darstellungen ausgewählter Gebäude die ältesten Ansichten aus der Güstrower Innenstadtbebauung sind. Er fertigte sehr viele Stiche für den Merian-Verlag an. [Nachstich der Güstrower Residenz durch Gabriel Bodenehr d. Ältere (* 1664/73 - † 1758/65) 1704 im "Atlas Curieux" o. a. Curioses Staats- und Kriegstheatrum in Hollstein, Pommern, Mecklenburg von 1717, derselbe Stich mit leicht veränderten Proportionen]

Abb. 3  Ansichten aus dem 18. Jahrhundert
Bild links: Ansicht des Nordflügels, Hofseite mit Schloßkirche, coloriert, lavierte Federzeichnung um 1735, StA
Bild rechts: Ansicht der 1795 abgebrochenen Flügel (halber Nord- und Ostflügel), nachcoloriert; Detailansicht aus dem Grundriss der Fürstlich Mecklenburgischen Residenzstadt Güsterow"; Kupferstich aus der "Topographia Saxoniae Inferioris", Frankfurt, Matth. Merians Erben, 1653

Abb. 4  Schloßansichten 2016, Foto: MM

 

 




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